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Die unsichtbare Grenze

Grenzen. Unsichtbare Grenzen. Linien, die wir uns selber ziehen. Die um uns herum sind und uns daran hindern neues, für uns ungewohntes zu tun und zu erleben.

Linien, die wir um andere ziehen, die Menschen in einen Bereich stecken, der zu unserer Vorstellung passt. Diese kleinen Dinger namens Vorurteile, die sozusagen als Kreide für unsere Linien fungieren, mit welchen wir uns und andere einzäunen. Auch wenn diese Zäune nur Striche sind und die Striche nur in unserem Kopf, sind sie doch da und machen es uns selbst schwer auszubrechen.

 

 

Egal wie oft wir uns vornehmen anders zu denken und zu handeln, ertappt man sich doch immer wieder dabei Leute in unsichtbare Ecken zu stecken. Das ist menschlich und wie sehr wir es auch versuchen abzulegen, es ist nun mal ein Bestandteil unseres Denkens. Wir sehen Menschengruppen und wir haben Bilder und Meinungen über diese Menschen, genau so geht es auch anders herum. Wir sehen ein Kleidungsstück und haben ein Bild davon, was für eine Person solche Kleidung trägt oder welche Art von Person auf einem Konzert von dieser oder jener Band ist.

Und dasselbe Bild hat die Gesellschaft auch vom Theater oder der Oper oder der Kunst an sich.

Ich muss dazu sagen, natürlich steckt in vielen Vorurteilen oder Bildern ein Fünkchen Wahrheit, dennoch sind diese Grenzen da. Grenzen, die es Überwindung kostet zu überschreiten. Linien die einen jungen Menschen wie mich oder Theater Neulinge zurück schrecken lassen, weil man ja falsch zugeordnet oder abgestempelt werden könnte. Weil man Stirnrunzeln oder fragende Blicke erntet. Natürlich habe ich nie eine negative Aussage über mich gehört oder hab ähnliches erlebt. Und da sind sie wieder, die Grenzen und Zäune, die wir alle haben, die uns Angst machen und zurückschrecken lassen vor dem, was uns Unsicherheit verschafft. Die Zuordnung in Schubladen, die wir alle auf irgendeine unerklärliche Weise in unserem Leben brauchen.

 

Wenn ich über Theater oder Stücke spreche, dann rede ich oft von den verschiedenen Theatertypen. Ich nenne nie wirklich wer, und wie diese unterschiedlichen Gruppen sind und das hat mich nachdenken lassen. Ich wollte zuerst einen Eintrag über die unterschiedlichen Typen der Theaterbesucher machen, aber dabei ist mir aufgefallen, dass ich Menschen in Schubladen stecke und in Vorurteilszäune platziere. Und indem ich das mache, schließe ich automatisch Menschen von Denkweisen und Stücken aus, auch wenn das nicht meine Absicht ist. Und dabei nervt es mich doch selbst, wenn jemand sagt, dieses Stück ist nichts für dich, dafür fehlt dir dies oder jenes. Auch wenn manche dieser Aussagen nicht negativ gemeint sind, fragt man sich dennoch, warum man so was hört. Natürlich kann es sein, dass jemand mit 40/50 ein Stück anders sieht und sich an Dinge aus dem eigenen Leben erinnert, die ich mit 18 nicht habe.

Trotzdem ist mein Blick nicht besser oder schlechter als der von anderen. Und das denke ich bei jedem, der mit mir über Stücke diskutiert. Das ist es, was ich so am Theater liebe, die unterschiedlichen Sichtweisen über ein und dasselbe Stück. Wenn man diese verschiedenen "Weltsichten" verbindet, ergibt sich ein einmaliges Bild. 

Manchmal habe ich mich gefragt, wer meine Meinung und Kritik überhaupt hören will. Aber mir ist klar geworden, dass ich eigentlich nur versuche Menschen das Theater näher zu bringen. Denn ich möchte hier in diesem kleinen Reich versuchen nicht als Kritiker aufzutreten, der sein bedingungsloses Urteil abgibt. Ich möchte Menschen aus meinen Augen das Theater sehen lassen und ihnen all die verschiedenen Elemente zeigen, die eine Inszenierung so faszinierend für mich machen.

 

Ich hoffe, dass ich vielleicht auch ein paar Menschen erreiche, die bisher nicht viel mit Theater am Hut hatten. Und ich freue mich über jede oder jeden von euch, die mit mir ins Gespräch kommen. Teilt mir gerne eure Meinungen und Gedanken mit, egal wie banal sie klingen mögen. Jeder von uns hat einen bestimmten Blick auf das Leben und damit auch auf das Theater und eine andere oder seltene Meinung ist genauso spannend, wie eine die als banal gelten könnte. 


Welche Themen rund um Kunst, Theater und Philosophie bewegen euch? Aus welchen Schubladen/Zäunen würdet ihr gerne ausbrechen? Schreibt es mir gerne unten in die Kommentare oder als persönliche Nachricht.

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Kommentare: 1
  • #1

    Amelie Dippold (Freitag, 22 September 2017 19:14)

    Ein wunderschöner Text und ich stimme dir vollkommen zu, dass man sein Schubladendenken nicht einfach so ausschalten kann, leider. Mich selbst nervt es, dass ich meistens beim fremden Leuten schon Vorurteile entwickle und mich manchmal schon sicher fühle zu wissen, wie sie sind ohne sie zu kennen. Aber es ist auch schön einen solchen Zaun zu überwinden.