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Das perfekte Publikum

Noch ein kleiner Nachtrag zu meinem ersten Eintrag. 

Ein Stück steht niemals für sich alleine. Bei einem Theaterbesuch kommt es immer auf die Atmosphäre des Abends an. Mit wem ist man da, wie gut ist das Stück besucht und wie verhält sich und reagiert das Publikum. 

Eine Inszenierung kann von allen Bestandteilen her perfekt aufgestellt sein, doch wenn die Atmosphäre an dem Abend nicht stimmt, dann bleibt das in Erinnerung. Natürlich steht das Stück und die Geschichte, die erzählt wird im Vordergrund und man kann es genießen so wie es ist und sich auch oft komplett fallen lassen.

Aber was mir oft auffällt, wenn ich Inszenierungen mehrmals besuche, ist, dass die Reaktionen des Publikums dazu beitragen, wie man das Stück erlebt und wie stark die Atmosphäre war. Denn je emotionaler das Publikum reagiert, desto freier und losgelöster sind auch die Schauspieler. Man hat das Gefühl, der ganze Raum kann sich fallen lassen und jeder, egal ob auf oder vor der Bühne, hat jede Menge Spaß und genießt die Stunden, die er im Theater verbringt. Die Interaktionen der Schauspieler mit den Zuschauern wirken oft lebendiger.

Die Vorstellungen, bei denen ich das Gefühl habe die Schauspieler wachsen über sich hinaus und sind komplett in ihrem Element, sind für mich die spannendsten. Natürlich kommt es auch auf das Stück selber an, ein Stück, welches eine schwere und auch traurige Geschichte erzählt, transportiert diese Stimmung natürlich auch. Deshalb sind diese aber nicht schlechter, sondern bleiben emotional einfach anders in Erinnerung.

Über eine Vorstellung, bei welcher ich das Publikum genial finde, freue ich mich am meisten. Denn dieses schwerelose Gefühl, das ich währenddessen empfinde, ist fantastisch. Und wenn ich den stürmischen Applaus sehe und höre, dann denke ich jedes Mal, dass diese kleinen Würdigungen an die Menschen vor einem und an das gesamte Team dahinter viel mehr wert sind als irgendeine Kritik in einer Zeitung. Wenn man in strahlende Gesichter schaut und die Zuschauer ausflippen, dann ist das doch Kritik genug oder? Man muss ein Stück nicht auf jede Kleinigkeit analysieren und die Worte und Meinungen eines Kritikers nicht als das Wahre ansehen.

Das Gefühl der Schwerelosigkeit ist eines der besten, die man im Theater haben kann. Die gemeinsame Freude am Moment, die man mit völlig Fremden teilt und genießt, gibt einem die Möglichkeit sich fallen zu lassen und hat mir schon den einen oder anderen perfekten Abend beschert.  

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Kommentare: 2
  • #1

    Jochen Gewecke (Montag, 16 Januar 2017 16:43)

    Unterm Strich ist auch die Meinung des Kritikers eine Einzelmeinung.
    Besonders erschließt sich das, wenn man mehrere Kritiken zu ein und demselben Stück liest. Manche*r lobt über den Schellenkönig und jemand anders schreibt einen Verriss. Das hatten wir auch schon in dieser Spielzeit, beispielsweise bei „Geächtet“.
    Gut ist immer, wenn man den Kritikern nicht kritiklos hinterherläuft, sondern sich selbst eine eigene Meinung bildet. Dann hat man gleich was zum Diskutieren ;-)

  • #2

    Reiner Keuerleber (Mittwoch, 01 März 2017 21:46)

    Du beschreibst es wunderbar.Du beschreibst es fast 1zu 1wie es mir oft ergeht im LTT ( v.a. bei Forever 27) mir aber die Worte dazu oft fehlen.